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Grußwort des Thomanerbundes anlässlich der feierlichen Übergabe der Abiturzeugnisse am 06.Juli 2023 in der Thomaskirche zu Leipzig

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Grußwort des Thomanerbundes anlässlich der feierlichen Übergabe der Abiturzeugnisse am 06.Juli 2023 in der Thomaskirche zu Leipzig

Liebe Frau Pfarrerin Michael,

Lieber Herr Rektor Rietz,

Lieber Herr Thomaskantor Reize,

Verehrte Eltern,

und ganz besonders natürlich liebe Abiturientinnen und Abiturienten,

in der vergangenen Stunde sind schon so viele anerkennende Worte gefallen und viele gute Wünsche wurden ausgesprochen, dass mir als Schlusslicht der Gratulanten fast nichts mehr übrigbleibt, als mich alledem freudig anzuschließen. Dennoch will ich versuchen, die heutige Abiturfeier zum Anlass zu nehmen, die Glückwünsche des Thomanerbundes mit einer m.E. bisher nur wenig beachteten Begebenheit aus der langen Geschichte unserer Thomana in Beziehung zu setzen. Worum geht es dabei?

Vor fast genau 100 Jahren, am 25.Juni 1924 machte der deutsche Astronom Karl Wilhelm Reinmuth im Observatorium auf dem Königsstuhl bei Heidelberg eine sensationelle Entdeckung. In das Blickfeld seines Teleskops geriet ein kleiner Himmelskörper, ein sogenannter Miniplanet, in der Fachsprache auch als Asteroid bezeichnet. Sein mittlerer Durchmesser beträgt gerade mal 58,28 km. Dennoch fiel jenes kleine kosmische Gebilde durch seine besonders intensive Leuchtkraft auf. Bei nachfolgenden astronomischen Berechnungen stellte sich schnell heraus, dass dieser kleine Himmelskörper, gemeinsam mit unserem Planeten Erde, seine Bahn um die Sonne zieht. Sein Entdecker gab ihm zunächst keinen Namen, sondern er erhielt, wie in der astronomischen Wissenschaft üblich, erst einmal eine Kennziffer. Bemerkenswerterweise war es die Zahl 1023. Man mag dieser Zahl eine besondere Bedeutung zumessen oder auch nicht, aber immerhin haben wir uns heute, genau ein Jahrtausend danach, hier in der Thomaskirche zu diesem festlichen Ereignis vereint.

Jetzt könnten sie mich fragen, was hat das alles mit dem Tag ihres bestandenen Abiturs und mit unserer Trias Thomana, bestehend aus Thomasschule, Thomanerchor und Thomaskirche zu tun?  Ich denke doch, eine ganze Menge. Denn die Geschichte ist an dieser Stelle noch nicht zu Ende. Bereits ein Vierteljahr nach der Entdeckung des besagten Asteroiden, also im August 1924, fand in Leipzig die Jahrestagung der deutschen astronomischen Gesellschaft statt. Das kulturelle Rahmenprogramm enthielt u.a. auch ein Konzert des Thomanerchores unter der Leitung des damaligen Thomaskantors Karl Straube. In einem Bericht des Publizisten Hagen Kunze heißt es hierzu, dass man „vom seelischen Feuer (der) innig durchglühten und mit nie gehörter astronomischer Präzision vorgetragenen Gesänge“ so begeistert war, dass man den wenige Monate zuvor entdeckten Neuling am Nachthimmel spontan auf den Namen THOMANA taufte.

Ich meine, mit etwas Fantasie und Gespür für geschichtliche Zusammenhänge und außergewöhnliche Erscheinungen ist es auch in unserer weitgehend rationalen und materialistisch bestimmten Welt erlaubt, über die Sinnhaftigkeit eines solch außergewöhnlichen Ereignisses wie vom August 1924 einen Augenblick nachzudenken. Was war geschehen? Nach einem mit tiefen Erlebnisinhalten erfüllten Konzert entscheidet sich eine namhafte wissenschaftliche Gesellschaft dafür, dem neu entdeckten Himmelskörper den Namen eines der ältesten deutschen Bildungsstätten und Kulturträger zu verleihen. Auf liebenswertere Weise kann das Alleinstellungsmerkmal und die Unverwechselbarkeit dieser Leipziger Thomana wohl nicht zum Ausdruck gebracht werden.

Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten haben während ihrer Zeit an der Thomasschule und die Alumnen außerdem im Thomanerchor mit viel Fleiß, Ausdauer und Zielstrebigkeit ein hohes Gut an geistiger, musischer und moderner naturwissenschaftlicher Bildung erworben, die heute mit dem Erhalt des Abiturzeugnisses erfolgreich ihren Abschluss gefunden hat. Dazu möchte ich ihnen im Namen des Thomanerbundes ganz, ganz herzlich gratulieren. Den Alumnen unter ihnen darf ich im Auftrag von Herrn Dr. Michael Kampf, der leider verhindert ist, die Glückwünsche des Förderkreises Thomanerchor überbringen. Im Lichtschein der besonderen astronomischen Entdeckung tragen sie ab dem heutigen Tag alle etwas von dem Asteroiden Thomana in sich und mit sich, das sie, wohin sie ihr zukünftiger Lebensweg auch führen mag, fördernd und schützend begleiten möge.

Liebe Abiturienten, genießen sie Ihren wohlverdienten Erfolg und sammeln sie in der sommerlichen Ruhepause neue Kräfte für die dann folgende Zeit des Studiums oder welcher Ausbildung auch immer. Ihr bestandenes Abitur erfüllt auch uns als Förderverein mit großer Freude, denn schließlich war, ist und bleibt es unsere Aufgabe, die universelle Bildung der Schüler und Schülerinnen der Thomasschule in enger Abstimmung mit der Schulleitung und Lehrerschaft bestmöglich und zielorientiert zu unterstützen. Und dies alles möge auch zukünftig im Lichte des vor einem Jahrhundert entdeckten besonderen Himmelskörpers Thomana geschehen.

Dr. Peter Roy

Vorstandsvorsitzender

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